23.07.2021 – Feuerwehren im Kreis kommen gut durch die Pandemie
Versammlung des Kreisfeuerwehrverbands Böblingen in Aidlingen.
Voll des Lobes für die Feuerwehren im Landkreis Böblingen waren die Gastredner bei der Versammlung des Kreisfeuerwehrverbands Böblingen am 23. Juli im Aidlinger Feuerwehrhaus. Den fast ausschließlich ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen dankte der Böblinger Landrat Roland Bernhard auch für deren vorbildliches Mitwirken während der Pandemie und versprach, dieses „überragende Ehrenamt“ in jeglicher Form zu unterstützen. Unter der in diesem Jahr coronabedingt reduzierten Zahl von Ehrengästen waren neben Abgeordneten, Bürgermeistern und Vertretern der anderen Blaulichtorganisationen u.a. Böblingens Landrat Roland Bernhard und sein Stellvertreter, der Erste Landesbeamte Martin Wuttke sowie Gerd Zimmermann, Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbandes Baden-Württemberg. Gerd Nädele wurde im Rahmen der Versammlung als stellvertretender Vorsitzender gewählt.
Im vergangenen Jahr haben im Landkreis Böblingen über 4.100 Feuerwehrangehörige in 26 Freiwilligen sowie drei Werkfeuerwehren Dienst geleistet – in den Einsatzabteilungen, in den Seniorengruppen und in den Jugendfeuerwehren. Diese Menschen erfüllen ehrenamtlich und nahezu unentgeltlich eine Pflichtaufgabe der Städte und Gemeinden zum Wohle und zum Schutz von nahezu 400.000 Bewohnern des Landkreises – und das an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr. Diese Sicherheit ist auch für Unternehmen und Betriebe enorm wichtig und wird ein immer größerer Entscheidungsfaktor für die Standortauswahl. „Erfreulich ist, dass seitens der kommunalen Verwaltungen uneingeschränkt optimale Voraussetzungen für unsere Arbeit und unsere Sicherheit geschaffen und ermöglicht werden“, lobte Markus Priesching, der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Böblingen in seinem Jahresbericht.
Erste Präsenzveranstaltung nach zweijähriger coronabedingter Zwangspause
„Es ist toll, dass wir uns heute Abend wieder treffen dürfen“, freute sich der Verbandsvorsitzende Priesching. Durch die Corona-Pandemie seien die Feuerwehren des Landkreises ohne nennenswerte Probleme gekommen. Dies lag mit am äußerst disziplinierten Verhalten aller Kameradinnen und Kameraden. Eine Arbeitsgruppe um Guido Plischek habe die notwendigen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen für die Feuerwehren immer wieder evaluiert, optimiert und damit für größtmögliche Akzeptanz gesorgt, woraus schließlich eine ständige Einsatzbereitschaft aller Feuerwehren im Kreis Böblingen resultierte. Jetzt gelte es aber die Defizite in der Ausbildung, bei den praktischen Einsatztrainings, aber auch in der Kameradschaft mit den so wichtigen sozialen Kontakten nachzuholen. „Der wichtigste Meilenstein in der Verwirklichung war sicherlich die durch den Landkreis kurzfristig geschaffenen Impftermine für die Feuerwehrangehörigen“, lobte Priesching das unbürokratische Handeln der Landkreisverwaltung unter der Leitung des Landrats Roland Bernhard.
Stabile Mitgliederzahlen bei den Feuerwehren im Landkreis Böblingen
„Erfreulicherweise sind unsere Mitgliederzahlen auch in der Coronazeit stabil geblieben“, resümierte der Vorsitzende das Kreisfeuerwehrverbandes Böblingen. Dennoch gelte es wachsam zu sein und den Blick in die Zukunft zu richten. Jede und jeder könne in seinem Umfeld live den gesellschaftlichen Wandel erleben. Familie, Firma und Freizeit bestimmten berechtigterweise immer mehr unser Leben und Verhalten. Feuerwehr wird zu einem Faktor, der in das Gesamtgefüge passen muss. „Es muss Spaß und Freude machen, bei der Feuerwehr zu sein. Es muss einem persönlich Werte vermitteln für die es sich lohnt, einzutreten, und der Aufwand, der erbracht werden muss, sollte sich in vertretbaren Grenzen halten“, mahnte Markus Priesching im Rahmen der Verbandsversammlung in Aidlingen. Durch immer neue Vorschriften und Verordnungen würden die Rahmenbedingungen für die fast ausschließlich ehrenamtlich engagierten Feuerwehrangehörigen nicht einfacher oder geringer, sondern der Zeitaufwand für Einsatz, Ausbildung und Verwaltung steige kontinuierlich.
Feuerwehren wünschen sich eine zentrale Übungseinrichtung im Landkreis
Markus Priesching riss in seiner Rede vor den 125 Delegierten sowie zahlreichen Kreisräten und Bürgermeistern, Landtags- und Bundestagsabgeordneten sowie Gästen der anderen Hilfsorganisationen die Zukunftsthemen aus Feuerwehrsicht an. Beispielsweise sei ein neues, landesweites Konzept für die integrierten Leitstellen notwendig, um die qualifizierte Einsatzunterstützung der ehrenamtlichen Einsatzkräfte sicher zu stellen. Er betonte, dass weiter in die jetzt schon sehr gute Ausbildung der Feuerwehrangehörigen investiert werden müsse. Dafür wäre eine zentrale Feuerwehr-Übungseinrichtung im Landkreis anzustreben, wo Übungshaus und Übungsturm sowie Einrichtungen zum Üben von technischen Hilfeleistungen und für Brandeinsätze viele verschiedene Übungsszenarien möglich machen würden. „Dadurch können wir sicherstellen, dass künftig alle Feuerwehrangehörigen gleich gut ausgebildet sind und gleichzeitig erreichen, dass nicht jeder ehrenamtliche engagierte Gruppen- und Zugführer selbst und zeitaufwändig die Übungseinheiten vorbereiten muss“, so der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Böblingen. Zumal es immer schwieriger werde, vor Ort geeignete Übungsobjekte zu finden.
Priesching appellierte an die Verantwortlichen auf Landes-, Kreis- und Gemeindeebene, auch weiterhin aktiv daran mitzuwirken, dass die Rahmenbedingungen für das unverzichtbare ehrenamtliche Engagement in der Feuerwehr stimmen. „Neben der Investitionen in Fahrzeuge und Technik darf auch der „Faktor Mensch“ in der Feuerwehr nicht vergessen werden“, betonte Markus Priesching in seiner mit langem Applaus bedachten Rede. Dazu gehöre die greifbare Anerkennung des Ehrenamtes ebenso wie eine tatkräftige Unterstützung bei der Personalgewinnung und einer spürbaren Entlastung des Ehrenamtes bei der immer weiter zunehmenden Verwaltungsarbeit.
E-Learning für eine moderne Feuerwehraus- und Weiterbildung
Der Böblinger Kreisbrandmeister, Guido Plischek berichtete über 6.200 Feuerwehreinsätzen im vergangenen Jahr, was durchschnittlich 17 Einsätze pro Tag entspräche. Bei diesen Einsätzen konnten 382 Personen aus höchster Lebensgefahr und Sachwerte in Milliardenhöhe gerettet werden. Steigende Einsatzzahlen resultierten letztlich auch aus den immer häufiger auftretenden Unwetterereignissen, auf die man sich entsprechend vorbereiten und dafür notwendige Konzepte erarbeiten müsse – die Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen habe dies auf erschreckende Weise gezeigt. Das breite Einsatzspektrum hätten insbesondere auch der Brand im Restmüllheizkraftwerk, der Flugzeugabsturz in Steinenbronn, aber auch die humanitären Hilfsaktionen der Feuerwehren des Landkreises rund um die Erdbebenkatastrophe in Kroatien und nun zugunsten der Menschen in den benachbarten Bundesländern gezeigt. In seinem Bericht ging der Böblinger Kreisbrandmeister auch auf die derzeitige Situation in der Pandemie ein, welche auch Chancen für eine Neuausrichtung im Umgang mit den elektronischen Medien biete. Beispielhaft nannte er hierbei die Etablierung von E-Learning-Modulen in der Feuerwehrausbildung, durch welche die Feuerwehr-Nachwuchskräfte künftig die Möglichkeit bekommen, von zuhause aus und abgestimmt auf den eigenen Tagesablauf die notwendige Theorie zu „büffeln“. Auch sei es ein inzwischen geschätzter Vorteil, wenn man nicht mehr zu jeder Besprechung durch den halben Landkreis fahren müsse. Plischek appellierte auch an seine Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, offen für Neues zu sein, und ein Umdenken und eine Modernisierung auch innerhalb der Feuerwehren zuzulassen.
Wie es um den Nachwuchs steht, schilderte der Kreisjugendfeuerwehrwart Gianluca Biela. Biela betonte in seinem Bericht gleich mehrfach, dass es leider noch zwei weiße Flecken auf der Landkreiskarte gäbe, in denen bislang noch keine Jugendfeuerwehr eingerichtet sei. Gerade in Zeiten einer Pandemie sei es mehr als wichtig, die Kinder und Jugendlichen an die Feuerwehren heran zu führen und deren Attraktivität herauszuarbeiten. In seinem Rückblick nahm natürlich auch Corona einen großen Stellenwert ein. Lobenswert nannte der Kreisjugendwart das besonnene und verantwortungsvolle Verhalten „seiner“ Kinder und Jugendlichen in den Jugendfeuerwehren. „Alle wussten genau, wie man einen Selbsttest durchführt und alle haben ganz selbstverständlich auf Abstände, Masken und Hygieneregeln geachtet“, lobte Gianluca Biela. Leider habe man jedoch das 50-jährige Bestehen der Kreisjugendfeuerwehr Böblingen nicht im vorgesehenen Umfang feiern können. „Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben“.
Dankeschön für die großartige Arbeit der Feuerwehren im Landkreis
„Ihr Mut und Ihre Hilfsbereitschaft kommt uns allen zugute. Sie setzen sich ein, schützen und retten fremdes Leben und Eigentum, dafür kann man Ihnen nicht oft genug danken!“ Mit diesen Worten begann der Böblinger Landrat Roland Bernhard sein Grußwort. Er freue sich besonders, dass die Zahl der Feuerwehrangehörigen im Landkreis Böblingen stabil sei.
Der Böblinger Landrat Roland Bernhard schilderte aus Sicht der Aufsichtsbehörde das Feuerwehrwesen im gesamten Landkreis und sagte den Kommunen auch seine aktive Unterstützung zu. Mit einem Augenzwinkern musste der Landrat gegenüber den anwesenden Kommandanten einräumen, dass auch die kreiseigenen Einrichtungen wie das Restmüllheizkraftwerk und die Biogasanlage schon mehrfach für zeitraubende Großeinsätze innerhalb der letzten Jahre gesorgt habe. Dabei sparte Landrat Bernhard nicht mit Lob für jede einzelne Einsatzkraft und unterstrich nicht zuletzt auch durch seine Anwesenheit bei dem Flugzeugabsturz in Steinenbronn die Wertschätzung für das ehrenamtliche Engagement der Feuerwehr-Einsatzkräfte.
„Kameradschaft braucht die Begegnung“, sagte der Landrat in seinem Grußwort. Roland Bernhard unterstrich zudem das gute Miteinander in der Blaulicht-Familie und versicherte seinen Zuhörern, dass es seiner Ansicht nach keinen vierten Lockdown mehr geben dürfe. „Da muss uns was Intelligenteres einfallen“, stellte Landrat Bernhard klar.
Eröffnet wurde die Verbandsversammlung vom Gastgeber des Abends, dem Aidlinger Bürgermeister Ekkehard Fauth. Anlässlich des 150 jährigen Jubiläums der Feuerwehr Aidlingen begrüßte er die Kreisfeuerwehren in seiner Gemeinde und brachte seinen Stolz auf die eigene Wehr zum Ausdruck. „Wir schätzen, was wir an Ihnen haben und wissen, dass wir uns Dank Ihres ehrenamtlichen Engagements sicher fühlen dürfen“, konstatierte Fauth. Der Schultes stellte die Vorzüge der Gemeinde Aidlingen, der Perle des Heckengäus heraus und ging in seinem Grußwort auch auf die Klimaveränderungen ein und die damit verbundenen Aufgaben für die Feuerwehren. Besonders wies er hierbei auf das 150-jährige Jubiläum „seiner“ Aidlinger Feuerwehr hin und dankte allen Helfern für ihren besonderen Einsatz zum Gelingen der Verbandsversammlung in dieser Ausnahmesituation.
Gerd Nädele folgt Wolfgang Finkbeiner als stellvertretender Verbandsvorsitzender
Einen ganz besonderen Dank erhielt der langjährige stellvertretende Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes, Wolfgang Finkbeiner, der von Priesching „als tragende Säule des Kreisfeuerwehrverbandes Böblingen“ verabschiedet wurde. Finkbeiner wurde aufgrund seiner Verdienste um das Feuerwehrwesen zum Ehrenmitglied des Kreisfeuerwehrverbandes ernannt. Zu seinem Nachfolger wählte die Verbandsversammlung den Leiter der Werkfeuerwehr Daimler AG am Standort Sindelfingen, Gerd Nädele.
Gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft.
Gerd Zimmermann, Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbandes Baden-Württemberg, gratulierte der Jubiläumswehr auch im Namen der 184.000 baden-württembergischen Feuerwehrangehörigen. Er lobte in seinem Grußwort den hervorragenden partnerschaftlichen, engagierten und weitsichtigen Umgang der Feuerwehren im Landkreis Böblingen und betonte, wie wichtig eine praxisgerechte Ausbildung auf Landkreisebene ist. Deshalb sei man mit den Planungen für eine zentrale Übungsanlage „genau auf dem richtigen Weg“. Er spüre sehr deutlich, dass sich die Feuerwehren und die Menschen in den Feuerwehren verändern. Deshalb habe der Landesfeuerwehrverband eine Sozialstudie in Auftrag gegeben, anhand der man herausfinden wolle, wie man die Feuerwehren zukunftsfähig organisieren müsse. „Das wunderbare ehrenamtliche Engagement in den baden-württembergischen Feuerwehren zukunftsfähig zu gestalten, ist der wichtigste Ansporn für uns alle!“, schloss der Landesgeschäftsführer in seiner Ansprache.
Hilfsbereitschaft auch über Landesgrenzen hinweg
Eindrucksvoll schilderte Albrecht Schmid, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Holzgerlingen, den Hochwassereinsatz in Rheinland-Pfalz. Hierbei war er als Verbandsführer des Hochwasserzug des Landkreises Böblingen mit Einheiten der Feuerwehren Herrenberg, Abteilungen Gültstein und Oberjesingen sowie der Feuerwehr Böblingen drei Tage lang an verschiedenen Einsatzstellen in Rheinland-Pfalz eingesetzt, um den dort in Not geratenen Bürgern die Keller auszupumpen, die vorhandenen Schlammmassen zu entfernen und das kaputte Mobiliar zu beseitigen. Stellvertretend für alle Helfer wurde Albrecht „Ali“ Schmid im Rahmen der Verbandsversammlung mit dem Ehrenzeichen in Bronze des Kreisfeuerwehrverbandes Böblingen geehrt.
Markus Priesching mit Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold geehrt
„Vollkommen sprachlos“ zeigte sich anschließend der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Böblingen, Markus Priesching, der für sein unglaubliches Engagement für die Feuerwehren auf Gemeinde-, Landkreis- und Landesebene das Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold des Deutschen Feuerwehrverbandes erhielt – die höchste Auszeichnung, die man im Feuerwehrwesen erhalten kann.
Durch die gesamte Veranstaltung begleitete der Spielmannszug der Feuerwehr Ehningen unter der Leitung von Jürgen Wohlbold die Versammlung. Der Abend fand einen würdevollen Ausklang im Rahmen der Kameradschaft am und im Feuerwehrgerätehaus in Aidlingen.