04.12.2020 – Großbrand im Restmüllheizkraftwerk in Böblingen
Am Donnerstag, 3. Dezember 2020 um kurz nach 10.30 Uhr ging in der integrierten Leitstelle des Landkreises ein Notruf aus dem Restmüllheizkraftwerk im Musberger Sträßle in Böblingen mit dem Meldebild „Brand im Müllbunker“ ein. Die alarmierte hauptamtliche Abteilung rückten mit dem HLF 10 und der DLK 23/12 ab. Im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit rückte auch ein Löschfahrzeug aus Sindelfingen an. Der Zugführer vom Dienst fuhr mit dem KdoW ebenfalls zur Einsatzstelle. Bei seiner ersten Erkundung stellte er fest, dass im Müllbunker verteilt mehrere offene Feuer zu erkennen waren, weshalb darauf Vollalarm für die Feuerwehr Böblingen ausgelöst wurde. Um kurz vor 10.00 Uhr rückten weitere Fahrzeuge aus Böblingen und Dagersheim ab.
Das Restmüllheizkraftwerk wird täglich mit rund 800 Tonnen Müll beliefert. Der Müllbunker hat ein Fassungsvermögen von 11.000 Kubikmetern. Insgesamt acht Anlieferungsbereiche gibt es in der Halle. Die Müllfahrzeuge kippen hier über definierte Öffnungen ihre Ladung direkt in den Bunker.
Im ersten Einsatzverlauf wurden die Drehleiter und die beiden Löschfahrzeuge direkt in der Anlieferungshalle des Bunkers platziert. Von dort aus nahmen die Einsatzkräfte mit dem Monitor der Drehleiter und mehreren C-Strahlrohren den Erstangriff vor. Der Zugführer versuchte sich indes von der Kranführerkanzel aus ein Bild der Lage zu verschaffen. Die Sicht war hier sehr schlecht – zu sehen gab es lediglich Rauch und Flammen. Dem Kranführer war es deshalb nicht möglich, mit dem Kran die Löschmaßnahmen durch Wegnahme von Brandgut zu unterstützen. So musste der Löschangriff von der Anlieferungshalle weiter forciert werden. Die nachrückenden Kräfte unterstützen den Löschangriff in der Halle. Der Abrollbehälter Wasser/Schaum wurde vor der Anlieferungshalle platziert. Ein mobiler Wasserwerfer, der zur Standardausrüstung des Abrollbehälters gehört, konnte dann ebenfalls in der Anlieferungshalle zum Einsatz gebracht werden.
Schwierigkeiten bereitete den Einsatzkräften die zunächst geschlossenen Tore der Anlieferungsbereiche in das Innere des Müllbunkers. Diese wurden mit Hilfe der Drehleiter geöffnet und dann mit Feuerwehrleinen weiter aufgezogen und festgemacht. Die Tore waren nur mit circa sechs Abstand zu erreichen, wodurch man mit den Strahlohren nur Teilbereiche erzielen konnte. Nach gut einer Stunde waren zwei Monitore, ein B-Strahlrohr und zwei C-Strahlrohre im Einsatz. Zusätzlich wurden vom Dach des Bunkers die dort stationierten zusätzlichen Wasserwerfer und Strahlrohre in Betrieb genommen um mit Hilfe von Wärmebildkameras zusätzlich gezielt zu löschen. Der Rauch- und Wärmeabzug auf dem Dach des Bunkers war ebenfalls geöffnet. Der dort abziehende Rauch war schon von Weitem aus sichtbar.
Durch die starke Verrauchung im Bunker, die trotz geöffneter Rauchabzüge vorerst nicht spürbar weniger wurde, konnten im Bunker montierte Monitore nicht zielgerichtet eingesetzt werden. Eine weitere Herausforderung bestand zudem beim Einsatz der Kräne: Diese konnten durch die nicht vorhandene Sicht auch kein Müll in die Öfen zuführen, da die Gefahr bestand, dass durch das Feuer Hydraulikleitungen irreparable Schäden nehmen könnten. Das Vorgehen des Abtransportes des Mülls in die Verbrennungsöfen ist ein geplantes Prinzip der Brandbekämpfung.
Im nächsten Schritt wurde das LUF (Löschunterstützungsfahrzeug) der Feuerwehr Leonberg alarmiert, um die Überdruckbelüftung verstärken zu können. Auch das LUF der Werkfeuerwehr Mercedes-Benz Sindelfingen kam hinzu. Beide wurden so platziert, dass von zwei Toren aus Luft hineingeblasen werden konnte. Teilweise ergab sich durch diese Maßnahme auch mehr Sicht im Müllbunker, die sich im weiteren Verlauf aber wieder verschlechterte.
Im Zuge weiterer Löschmaßnahmen wurde auch die Löschwasserversorgung ausgebaut und sichergestellt. Zusätzlich benötigtes Löschwasser wurde auf dem Gelände der US-Army gefunden. Daraufhin wurde die US-Feuerwehr um Unterstützung gebeten. Diese verschaffte den Einsatzkräften Zugang zu den US-Liegenschaften: Darunter ein großer Teich, sowie Hydranten auf dem Gelände der Panzerkaserne. Damit genügend Wasser zur Einsatzstelle gelangen konnte, wurde die Feuerwehr Stuttgart mit ihrem Hytrans Fire System alarmiert. Auch die Feuerwehren aus Steinenbronn und Weil der Stadt wurde mit ihren Schlauchwägen und einem Löschfahrzeug an die Einsatzstelle alarmiert, um bei der Wasserversorgung über lange Wegstrecken zu unterstützen.
Gegen Abend des ersten Einsatztags wurde der Großlüfter der Werkfeuerwehr Mercedes-Benz noch zur Einsatzstelle beordert, um die Überdruckbelüftung weiter zu verstärken. Am nächsten Tag ließ man von der Überdruckbelüftung ab und versuchte den Rauch nun aus dem Bunker herauszuziehen. Dafür wurde das Eingangstor der Lagerhalle mit Paletten zugebaut und der Großlüfter daneben positioniert. Im Inneren wurden die beiden LUF umgedreht. Diese Konstruktion zeigte Wirkung. Mit dieser Entscheidung war ein Arbeiten ohne Atemschutz in der Anlieferungshalle allerdings nicht länger möglich. Am Samstag wurden durch das THW Übergänge gebaut, damit Lutten in den Bunker gelegt werden konnten und somit die Brandbekämpfung direkter vorgenommen werden konnte. Von der Werkfeuerwehr Bosch wurde ein weiteres Lüftungsgerät gebracht, mit dessen Hilfe die Lutten angebracht wurden und der Rauch aus dem Bunker herausgezogen wurde.
Stück für Stück konnten die Kranführer wieder arbeiten und entfernten weiter Müll aus dem Bunker. Dabei galt es stets die Balance zwischen einer zu starken Rauchentwicklung durch Löschmaßnahmen – und der damit verbundenen schlechteren Sicht für den Kranfahrer – und einem zu starken Auffachen des Feuers – und der damit verbundenen Ausbreitung des Brandes – zu halten. Am Sonntag war es dann soweit: gegen Abend konnte der Einsatz beendet und die Einsatzstelle an den Betreiber übergeben werden.
„Ein nicht alltäglicher Einsatz, der von uns alles abverlangte. Besonders erschwerlich war, weder an die Brandherde heranzukommen, noch den Rauch komplett aus dem Bunker entfernen zu können. Es freut mich, dass wir wieder gesehen haben wie alle Hilfsorganisationen im Landkreis Hand in Hand zusammenarbeiten, wenn es darauf ankommt.“, so Kommandant Thomas Frech.
Die Feuerwehr Böblingen bedankt sich bei allen Feuerwehren, dem DRK und dem THW aus dem Landkreis, die uns bei diesem Einsatz unterstützt haben. Egal, ob mit Spezialfahrzeugen oder mit der kurzzeitigen Hilfe durch weitere Zugführer. Ein besonderer Dank geht hierbei aber an die Feuerwehren aus Steinenbronn, Weil der Stadt, Schönaich, Gärtringen und Holzgerlingen, die während der vier Tage im Dauereinsatz waren, um die Wasserversorgung sicher zu stellen und später auch wieder abzubauen.